Gedanken zum Islam
Gedanken und Aussagen zum Islam Heute ist Welt-Kopftuch-Tag Frauen erzählen, was sie vom Kopftuch halten Quelle: BILD

Artikel von: SHAMMI HAQUE veröffentlicht am 01.02.2021 - 10:55 Uhr

Heute ist "World Hijab Day". Was das ist? Der Welt-Kopftuch-Tag. An diesem Tag sollen alle Frauen - muslimisch oder nicht - eine Kopfbedeckung tragen - um ein Zeichen gegen Diskriminierung und für Respekt zu setzen!

Doch es gibt Widerstand.

Viele Frauenrechtlerinnen fordern an dem Tag einen "No Hijab Day". Sie wollen auf die Unterdrückung von Frauen in islamischen Ländern hinweisen.

Jedes Jahr führt diese Kampagne zu einer Debatte. Ist der Hijab ein Zeichen religiöser Freiheit oder der Unterdrückung der Frauen? BILD war unterwegs, um Antworten auf diese Fragen von betroffenen Menschen zu bekommen.

Hier erklären im deutschen Exil lebende Ex-Musliminnen, warum sie mit der Verschleierung aufgehört haben, was für sie der Hijab bedeutet und warum sie einen "No Hijab Day" fordern.

Rana Ahmad

Als Rana Ahmad (35) 11 Jahre alt war, bekam sie in ihrem Heimatland Saudi-Arabien ein Kopftuch. Sie wurde in eine strengen muslimischen Familie geboren. Als sie 14 Jahre alt war, musste sie sogar einen Nikab tragen.

"Ich habe mich gefragt: Warum soll ich meinen Körper abdecken? Wegen der Gesetze in Saudi-Arabien konnte ich nicht NEIN sagen. Ich will atmen, ich will das Wetter genießen wie die Männer, aber das war verboten für mich", sagt die Ex-Muslimin Ahmad in BILD.

"Als ich gemerkt habe, dass ich eine selbstständige Frau bin, stark bin, ich für mich alleine Entscheidungen treffen kann, habe ich das Land verlassen und konnte die Verschleierung endlich wegwerfen. Als ich zum ersten Mal ohne Verschleierung auf der Straße war, habe ich mich gefühlt wie ein neugeborenes Baby."

Im Herbst 2015 floh Ahmad nach Deutschland und fing ein neues Leben in Freiheit an. Ihre Autobiografie "Frauen dürfen hier nicht träumen" bekam viel Aufmerksamkeit in Deutschland. Sie schrieb, was sie als Frau in Saudi-Arabien erlebte. Ahmad setzt sich für Frauenrechte in Deutschland ein und unterstützt Frauen aus arabischen Ländern. Im Jahr 2017 gründete Ahmad mit weiteren Aktivisten den Verein Säkulare Flüchtlingshilfe.

Rana Ahmad nachher und vorher Foto: FS

"Ich finde die Kampagne für einen World Hijab Day nicht akzeptabel, denn sie unterstützt eine politische Idee vom Islam. Die Feministen und Frauen, die hier die Forderung nach einem Welt-Kopftuch-Tag unterstützen, sind Menschen, die in einem freien Land geboren wurden und nie in einer muslimischen Gesellschaft gelebt haben. Sie haben keine Erfahrungen dort gemacht, dann ist es einfacher, eine solche Meinung zu haben", kritisiert die im Exil lebende Ahmad die Debatte.

Ahmad fordert zusammen mit anderen Frauenrechtlerinnen einen No Hijab Day und erklärt, wie Frauen in islamischen Länder wegen der Verschleierung Gewalt, sexuelle Belästigung, Haftstraften oder sogar sogenannte Ehrenmorde erleben.

Der Welt-Kopftuch-Tag sei eine Menschenrechtsverletzung, Frauenrechtsverletzung und auch eine Kinderrechtsverletzung, weil schon viele Mädchen Kopftuch tragen müssten, so Ahmad.


Mina Ahadi

Die Frauenrechtlerin Mina Ahadi (65) ist eine von vielen Frauen, die nach der iranischen islamischen Revolution im Jahr 1979 gegen die ‚Kopftuchpflicht' im Iran demonstrierte. Sie war damals Medizinstudentin, organisierte die Proteste und besetzte ihre Universität.

"Fast drei Monate waren wir auf die Straße, am Anfang waren wir noch 2000 Demonstranten, nachher nur noch 20 bis 30 Leuten. Dann haben wir irgendwie verloren. Ich habe zuerst angefangen, gegen dieses Kopftuch zu kämpfen und dann gegen das islamische Regime", sagt Ahadi in BILD.

Als Ahadi neun Jahre alt war, musste sie einen Tschador tragen, als sie 14 war, bekam sie Vollverschleierung (Burka). Doch Ahadi rebellierte dagegen. Sie zog in eine große Stadt und konnte dort ohne ihre Verschleierung auf die Straße gehen.

Seit 1979 hat sich die Lage verschlimmert: Gerade sind hunderte Frauen in iranischen Gefängnissen, weil sie gegen die Kopftuchpflicht demonstrierten oder ohne Kopftuch auf der Straße waren.

Mina Ahadi veranstaltet gerade eine digitale Konferenz für einen No Hijab Day
Foto: FS

"Aus meiner Sicht haben viele Feministinnen nicht verstanden, worum es geht, das ist nicht nur ein Tuch, das ist nicht nur ein Kleidungsstück, das ist eine Frauenrechtsverletzung", zeigt sich Ahadi enttäuscht. Sie argumentiert: Frauenunterdrückung fange immer mit der Verschleierung an. Als Beispiel nennt sie immer, wie die Mullahs seit der Revolution Frauen im Iran unterdrücken.

"Wenn einige Feministinnen in den USA oder in Deutschland für das Tragen eines Kopftuchs sind, dann sage ich: Sie sind auch für Frauenrechtsverletzungen, sie sind irgendwie sogar für Steinigungen, sie sind für Ehrenmorde und andere Verbrechen."

Als Gründerin der Menschenrechtsorganisation 'Zentrale der Ex-Muslim' veranstaltet Ahadi eine digitale Konferenz für einen No Hijab Day.

"Schon seit 40 Jahren, seit die Islamisten im Iran unterwegs sind, haben wir alle die Entwicklung gesehen: Zuerst hat alles mit dem Kopftuch angefangen, dann gab es ein Gesetz, dass Frauen nicht studieren dürften und so weiter", berichtet Ahadi.

Das Ausgangsproblem sei das Kopftuch.

"Ich habe zwei Mädchen, sie tragen manchmal bauchfreie Kleidung. Meine Töchter fragen mich dann: ‚Mama, einige Leute sagen, du bist keine Muslimin? Wo ist dein Kopftuch?'" Das Problem sei längst hier in Deutschland angekommen, sagt Ahadi und fordert in BILD: "Liebe Feministinnen, liebe Frauenrechtsorganisationen, schauen sie sich dieses Phänomen genau an!"

Worood Zuhair

Worood Zuhair vorher und nachher
Foto: FS

Die irakische Aktivistin Worood Zuhair (33) flüchtete ebenfalls nach Deutschland. Sie ging einmal ohne Kopftuch in ihren eigenen Garten und ihr Bruder verprügelte sie. Zuhair ist immer noch hoch traumatisiert, vor allem wenn sie an ihre Kindheit, an die Zeit im Irak zurückdenkt. Zuhair wuchs in einer großen, reichen und mächtigen Familie in der Stadt Kerbela auf.

"Als ich acht Jahre alt war, bekam ich meine erste Abaya. Und ich musste sie 20 Jahre tragen, es war wie ein mobiles Gefängnis. Wenn du dich bewegst, ist das Gefängnis immer mit dir. Es ist schrecklich. Es war so, als ob dein Körper eine Schande ist. Du musstest es tragen oder deine Familie hätte dich totgeschlagen", klagt Zuhair in BILD an.

Als Kind wurde ihr erzählt: Wenn sie ihre Haare nicht abdecke, würden die Haare zu Schlangen werden. Sie hatte Angst vor Schlangen, lebt immer noch mit diesem Trauma.

"Ich erinnere mich: Als Haare auf meine Stirn kamen, hatte ich Angst, habe sie sofort abgedeckt. Es ist psychischer Druck. Sie haben dich manipuliert, sodass du dich gegen dich selbst wendest", sagt Zuhair.

Deswegen ist es auch für Zuhair wichtig, am Welt-Kopftuch-Tag laut zu sein. Auch sie fordert einen No Hijab Day.

Der Aktionstag wurde 2013 von Nazma Khan, einer aus Bangladesch stammenden US-Muslimin, ins Leben gerufen und wird inzwischen in über 140 Ländern veranstaltet. Sie gründetet die Organisation World Hijab Day.


Quelle: Bild Politik Ausland


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